Thilo:

Ford Fiasko

Mein erstes Auto war ein roter Ford Fiesta 2. So ein ganz alter mit der runden Nase. Alleine der Kauf des Autos war ein prägendes Erlebnis.

Es war im Juni 1999 als ich meinen Führerschein bekam. Ich war damals noch Schüler im Berufskolleg und verdiente keinen Pfennig Geld, konnte damit auch nicht umgehen und hatte somit 0 DM auf der hohen Kante. Eigentlich schon fast Schulden weil ich ständig Spritgeld für meinen Roller schnorrte – das waren noch Zeiten 5 Mark für eine Tankfüllung die 250km gereicht hatte. Nun hatte ich ja den Führerschein in der Tasche und nun musste aber auch ganz schnell ein Auto her – egal was. Und egal was bekam ich auch. Mein Bruder Alex half mir dabei was zu finden. Zu teuer sollte es damals auch nicht sein (Preisspanne 200 – 500 DM) bis ich eben mit meiner Lehre anfangen würde. Gerade mal ein Jahr eben. Wir machten aus der hiesigen Kleinanzeigen Zeitung „Sperrmüll“ – die heißt wirklich so und hat auch allen Grund so zu heißen – ein paar Kandidaten ausfindig. Darunter war ein Renault, ein Mazda und der eine Ford Fiesta. Wir fuhren sogar bis nach Tübingen (ca. 30km) um die Schrottkisten zu begutachten. Die ersten beiden waren alle Müll. Der eine war durchgerostet und der andere war „Fahrbereit“. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr ich auch was damit in Kleinanzeigen gemeint war.

Uns blieb noch der Fiesta, an dem meine ganze Hoffnung hing an diesem Tage noch stolzer Autobesitzer zu werden. Er stand in Tübingen und war sogar noch angemeldet. Somit war das Problem der Überführung „geschwätzt“. Wir fuhren um die Kurve und erblickten ihn. Amtliches Kennzeichen TÜ - RK 121. Wir parkten und stiegen aus. Vor dem etwas herunter gekommenen Haus sprang ein kleines Mädchen umher und fragte uns ob wir wegen des Autos kommen. Wir bejahten und sie sprang ins Haus um ihren Vater zu holen. Sogleich begannen wir mit der Begutachtung. Äußerlich machte er einen guten Eindruck. Der einstmalige Metallic Lack war teilweise schon hellrosa und ganz matt. Ein Blick ins innere offenbarte mir das ich den Dreck drinnen wohl auch gratis zum Auto dazu bekäme. Auf dem Fahrersitz lag noch eine Kiba und vor dem Sitz sah ich so etwas wie einen Rosenkranz. Kein Radio mehr drin :(


so ungefähr sah er aus
Endlich kam der Mann und begrüßten uns herzlich. Wir fragten wegen Probefahrt und fanden uns eine halbe Minute später im Auto wieder, nachdem der Alte seine Gebetsutensilien eingesammelt hatte. Ich schloss die Tür und mein Bruder schloss die Tür auf der Beifahrerseite – etwas kräftiger. Prompt fiel der Innenspiegel runter. Mein Bruder und ich tauschten Blicke aus und verkniffen uns das lachen. Der Tacho zeigte 40.000km an. Ich wusste nun nicht ob das 140.000 oder 240.000km waren. Wir starteten. Fuhren auf ein paar Strassen im hiesigen Wohngebiet herum.
Der Fiesta hatte kein Radio, dafür aber ganze sieben Boxen! Alle nachträglich eingebaut. Ich bemerkte das jedes mal wenn ich die Kupplung kommen lies der Fiesta mir eine art Force Feedback auf die Pedale gab. Das Kupplungspedal schlug regelrecht in den Fußraum zurück. Wir hielten auf einem Parkplatz, öffneten die Motorhaube. Ich gab gas und ließ langsam die Kupplung kommen. Der gesamte Motorblock sprang hoch und stürzte Zurück auf die Motoraufhängung. Zwei von drei Motoraufhängungen waren gerissen. Ok, das war ein Mängel den man abstellen kann sagte ich und hoffte immer noch heute Abend ein Auto vor der Tür stehen zu haben. Wir fuhren zurück.

Der Alte kam gleich mit Stift und Papier. Wollte einen schriftlichen Vertrag machen und erklärte uns auf gebrochenem deutsch. „Mache Vertrag. Mein Sohn hat gsagt du machsch Vertrag“. Das ging uns zu schnell. Schließlich hatten wir noch keinen Preis ausgehandelt. Wir zählten die Mängel am „Auto“ auf. Ich fragte ihn ob man das Schiebedach auch irgendwie aufkriegt. Er: „Isch Silikon, isch zu. Weils soviel regnet. Kannsch aber auf schneiden. Deutschland eh nie heiss!“. Er wollte 400 Mark für die alte Kiste. Wir wollten 200 zahlen. Aber ich drängte meinen Bruder mit Blicken das ich egal was jetzt die scheiss Karre kostet ich ein Auto haben wollte. Also gut, mein Bruder schrieb den Wisch was der Alte wollte und unterschrieb ihn. Der Alte setzte sein Ötzgur drunter. Mein bruder stellte sich mit einem Fuss auf die Heckstosstange um den Scheck zu unterschreiben als ihm plötzlich die Stosstange entgegen kam. Der Alte so „Ok, ok, ok, 200 Mark isch ok“. So fuhren wir los – mit ForceFeedback. Ich tankte musste auch gleich tanken weil die Karre bis auf den letzten Tropfen leer gefahren war. Man wollte uns echt nix schenken. Machte ca. 40 Mark zum Volltanken. Erheblich mehr als sonst.

Motoraufhängung wurde in der Heimischen Werkstatt geschweißt und seit dem wurde nie wieder was an dem Auto gemacht. Nach einem Jahr war ich in der Lehre und kaufte von einem Kollegen einen Nissan Micra. Den Fiesta verkaufte ich ebenfalls an einen Kollegen für 200 Mark. Der steckte sogar noch richtig Geld rein. Neuer Auspuff damit er durch AU kommt. Laut seiner Aussage musste er auch einen Satz neuer Reifen drauf machen weil der Türke damals drei 14“ und einen 15“ links vorne drauf gemacht hatte. Das erklärte warum die Karre einen leichten rechtsdrall hatte.

Rundum ist die Karre nun hoffentlich auf dem Schrott. Ich habe inzwischen schon mein drittes Auto und bin froh das ich den Fiasko nimmer hab. Das einzigst gute an dem Auto war das ich echt kaum was dafür zahlen musste und er mich eigentlich nie im Stich gelassen hat. Es ging nie was kaputt.