Erinnerungen
an   
eine
eine rot-schwarze Schönheit mit Weißwandreifen rot-schwarze Schönheit mit Weißwandreifen



Mein erstes Auto - lange ist es her. Ein Foto von ihm gibt es leider keines, doch dafür unvergeßliche Erinnerungen.


Den Führerschein habe ich erst relativ spät gemacht, im Alter von 22 Jahren.

Mitten in der Großstadt wohnend, war der Drang nach [Auto]Mobilität bei mir nicht besonders ausgeprägt. Meine Eltern besaßen nie ein Kraftfahrzeug. Von Jugend auf war ich an Bus und Bahn gewöhnt und Füße waren zum Laufen da, auch Fahrräder gab es.

Doch jetzt genug von dieser Einleitung, weiter geht's.



Irgendwann besuchte ich dann doch eine Fahrschule, die damalige Freundin drängte - Hallo Ev'chen, meine Liebe - und endlich hatte ich es auch gepackt. Zuvor brachte mir alleine schon die erste Fahrstunde wahrscheinlich 2-3 graue Haare ein. Nie heimlich geübt, womit denn auch? Schweißnaße Hände, die ersten Kurven waren geschafft, der Gegenverkehr erfolgreich blockiert. Kein Wunder bei meinem Wendekreis - oho!


Danach war's aber klar: ein eigenes Gefährt mußte her. Mein Geldbeutel war zu jener Zeit noch etwas schmäler, die Prämien hoch (für mich). Nur ein gebrauchter Wagen, nicht zu teuer, kam in Frage.


Nach einigem Suchen entdeckte ich bei einem Autohändler meine große Liebe:

Ein alter Kadett Baujahr 64,
  leuchtendrot mit schwarzem Schiebedach,
     Weißwandreifen,
        Heckflossen,
           Autoradio,
    3 Monate Garantie
       (vom Autohaus, da haste was Reales)
für nur 800 Mark.
Schon damals, Anfang 77, etwas nostalgisch. Herz, was willste mehr?


Am ersten Abend Freunde eingeladen. Zwar etwas eng zu fünft im kleinen Wagen, doch gleich nach Heidelberg gebraust - ich leb' in Mannheim - mit sagenhaften 110km/h, die Skala fast schon ausgereizt und in der Altstadt Einparken geübt. (Wer Heidelberg - die Altstadt - kennt ... noch ohne totalen Parkhauszwang zu jener Zeit ... die Seitengassen nahe der Alten Brücke ... auf eigene Gefahr!)


Nach dieser Einstimmung war ich ein Autonarr wie nie zuvor und je danach in meinem Leben. Innerhalb von 3 Monaten wurden 35000 Kilometer zurückgelegt. Das war ja doch recht neu für mich, dieses Gefühl des Kilometerfressens. Und hierhin einen Ausflug und da noch hin .... und dort ... und ...


Pünktlich mit Ablauf der Garantiezeit traten auch die ersten kleinen Mängel auf. Das mußte wohl so sein. Es fing ganz harmlos an.


Zuerst 'ne kleine Sicherung, die zu ersetzen war. Ha, lachhaft!

Als nächstes fiel der Auspuff ab. Natürlich Sonntag morgens zur allerbesten Zeit, so kurz nach zwei. Schön laut, wenn man damit durch enge Strassen fährt. (Den Part übernehmen heutzutage diese rollenden Diskos mit den offenen Fenstern und Techno satt.) Auch das war nicht wirklich ein Problem. Das alte Rohr wurde mit Draht befestigt; ich habe mir dabei nur die Finger etwas verbrannt. Aber, wie gesagt - nicht wirklich ein Problem. Am Montag fuhr ich dann in eine Werkstatt und habe dem Auto'chen einen neuen Auspuff spendiert.


Dann eines Tages, mal wieder eben in Heidelberg gewesen. Geparkt, gekneipt und hinterher zurück zum fahrbaren Untersatz.

Ein merkwürdiges Gefühl: »Die Optik stimmt nicht ganz?« Da waren doch tatsächlich in beiden vorderen Kotflügeln, da oben, über den Scheinwerfern, so dunkle Löcher - staun!

Im Nachhinein nur folgendes, ganz detektivisch, mir selbst erklärt: Dort musste schon einmal mit Spachtelmasse ausgebessert worden sein. Richtig fachmännisch, dünn und gut lackiert. Das sah man vorher nicht, doch irgendwie und irgendwann an diesem Tag, bei meinem hohen Tempo (inzwischen bis zu Spitzen-125-km/h laut Tacho), hatte es die alte Masse rausgedrückt. Luft hat ja Widerstandskraft, man glaubt es kaum.

»Ok. was soll's? Do it yourself!« Das liebe Geld wurde auch nicht mehr.

Ab da hatte dieses Auto ein sehr - doch wirklich - individuelles Gesicht. Schon einmal selbst gespachtelt? Bei so'ner Rundung? »Hey, ich war und bin kein Handwerker, ich würge Bytes, kein Blech! [das red' ich ab und zu nur mal]«
Sah richtig nett aus - trotzdem - ein Charakterkopf.

Na ja, auf jeden Fall war's technisch aber fahrbereit und wasserdicht erneut, dies - mein Geschoß.


Drei Wochen später: Ich war auf dem Weg in's Geschäft, zur allerbesten Rush Hour. Fuhr langsam auf die Ampel zu und schaltete ... womit? ... ich hatte ja den Kupplungs-Knüppel (überlang) auf einmal in der Hand! Und die Ampel war grün ... und viele andere Autos um mich rum. Schweiß brach mir aus ... Warnblinker an, gebremst und anderen Fuß noch auf der Kupplung. Der Motor? Der lief. Dann abgetaucht, mit oberer Figur zum Boden, den Knüppel mal kurz eingefädelt, an seinen angestammten Platz gebracht ... passt, rastet ein, greift und funktioniert! Und langsam rüber an den Straßenrand ... gehalten ... phhhh ... ausgeatmet.

Das Alles macht sich gut bei einem kleinen Hupkonzert. Was gibt es doch so viele Ungeduldige auf dieser Welt? Es geht ja nichts über eine gewisse Nervenstärke.   ;)

Die Ursache war danach sehr leicht ersichtlich. Die Halterung, ganz ohne
Schraube oder Flansch (nie mehr gefunden, dieses Teil) die tat's nicht
mehr. So lose wie ein Wackelzahn, der gezogen wurde.

Im Kofferraum gekramt, ich hatte doch Termine, nicht Zeit. Die Rolle mit dem Isolierband dort, das war's! Den Knüppel also nochmals eingepasst, von allen Seiten mehrmals fest umwickelt, an seinem Sockel mit der Halterung verbunden.
Das hielt, na prima.

Und 5 Minuten (+ eine Zigarette) später fuhr ich weiter.


Ich bin ja ein Gemütsmensch (wie'n Fleischer-Hund). Oder einfach nur ein sturer Stoiker? Denn bis zum TÜV war es noch ein Stück hin, erst nächstes Jahr dann fällig. Mit dieser nunmehr erfolgreich erprobten Lösung fuhr ich also noch so manche Woche. Nur ab und zu wurde das Band erneuert, bis irgendwann doch die letzte Stunde meines Wagens schlug.


Die Kurbelwelle war's, die mein Auto nun endgültig ruinierte.

Dem Abschleppwagen sah ich wehmütig hinterher. Nach Mitteilung des Kostenvoranschlags für eine Reparatur ließ ich es dann, ganz sanft, in einer Schrottpresse einschläfern.


Die späteren Gefährte (oder sollte es doch Gefährten heißen?) haben,
      trotz mancher Macken,

nie jenes tiefe, anhaltende Gefühl in mir erweckt,
          wie diese,

meine  rot - schwarze  Schönheit mit den  weißen  Reifen.


Noch immer etwas voller Wehmut
Eisbär im Netz


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Dieser Bericht steht parallel bei Eisbär im Netz - Multimedia für Arme
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