Ich hab ihn "AEG Lavamat injection" getauft

Die Geschichte meines Dacias ist kurz erzählt - kein Wunder, ich hatte den Wagen auch nicht so lang. Ich arbeite in der Zeit vor meinem Studium ein halbes Jahr in einer Fabrik um die Wartezeit auf den Studienplatz zu überbrücken. Der Dacia gehörte der Freundin eines Arbeitskollegen. Diese fuhr mit dem Wagen in den Graben. Ein anderer Arbeitskollege kaufte den Haufen Blech für 250.- DM auf und reparierte den Unfall mit dem Hammer und Pattex, mit dem er das Scheinwerferglas wieder zusammensetze. Irgendwie fiel ihm dann auf, daß er sich als Alleinverdiener mit Frau und zwei Kindern keinen Zweitwagen leisten konnte und ich kaufte den Wagen von ihm fahrbereit für 280.- DM ab. Ein uriges Teil - so häßlich, daß er schon fast wieder schön war. Die hinteren Federn waren beide gebrochen - naja, da stand der Wagen wenigstens wieder gerade, Straßenlage hatte er eh keine. Das Baujahr 1974 sagt nichts über das wahre Alter des Wagens - die Konstruktion war weitaus älter - der UAP Dacia ist ein rumänischer Renault 12 Nachbau und sein bisheriges Leben verbrachte dieses Meisterwerk französischer Ingeneurskunst auf den Straßenresten der DDR.

Nein, hübsch ist er wiklich nicht...
Wie kann man denn so einen Wagen kaufen - zumal ich zu jenem Zeitpunkt noch drei andere Autos in der Garage stehen hatte, wird jetzt der eine oder andere fragen. Nun - ich wollte meinen Alltagspassat wieder alltagstaulich machen, was er zu dem Zeitpunkt nicht mehr war und mich reizte dieses häßliche Entlein. Es ist ganz einfach. Man fährt so eine Schüssel mit viel Selbstbewußtsein und erklärt sie zum Kultauto - Das hat bei mir bisher immer funktioniert und einige Leute haben mir sogar geglaubt.
Aber er war auch wahnsinnig praktisch, der Ätzkarren. Dank fehlender Kopfstützen ließ sich der Innenraum zu einer kompletten Spielwiese umbauen - diagonal reichte das sogar mir, mit meinen 2,04m Körpergröße zur bequemen Übernachtungsmöglichkeit. Unterwegs waren wir mit der Karre eigentlich immer zu zweit - André und ich. Es war unsere Heinz Rühmann Phase. Gut nicht jeder hatte eine Heinz Rühmann Phase in seinem Leben, aber ich hatte sie. Das bedeutete: Man fuhr mit dem Wagen vor die Disco und verbrachte beim ständigen abhören einer Heinz Rühmann Cassette den Abend in an und auf dem Auto. Bei schlechtem Wetter lagen wir auch schon einmal zu zweit, dritt, fünft auf der Liegewiese - immer dabei: FAXE, das Autofahrerbier aus der praktischen Einliterdose. Bei gutem Wetter war die Sitzfläche der Rücksitzbank mit einem Griff herausgenommen und auf den Dachgepäckträger geworfen - die geöffneten Fenster dienten als Leiter.
Als der Auspuff das Röcheln anfing, ergab sich die Frage, woher einen Dacia Auspuff bekommen? Die Frage erübrigte sich nach einem Blick in die Fahrzeugpapiere. Bei Lärmpegel stand, mit dokumentierten amtlichen Tippfehler "kerine Werte vorhanden" - für mich der Freibrief einen BMW Sportauspuff-Endtopf mit ovalem Endrohr aufzuschweißen - diese Lärmbegrenzungen hielt selbst der ein.
Das Armaturenbrett wirkte richtig schön klassisch
Als ich dann endlich den Studienplatz bekam war der Dacia anfangs auch mein Reisefahrzeug. Rallye Naila/Froschgrün - Mainz nannte sich jetzt das Wochenende. Eine Herausforderung an Fahrer und Fahrzeug. Der Fahrer hielt es durch, das Fahrzeug nicht. Eine geplatzte Zylinderkopfdichtung legte den Wagen lahm.
Man war das Schrauben ja vom Panda gewohnt, also runter mit dem Kopf. Ein Zylinderkopfdichtung kam von einem polnischen Studenten direkt aus seinem Heimatland zum Wahnsinnspreis von 5,- DM. Diese Dichtung hielt immerhin 22 km lang. Dann war wieder Essig.
Ich habe den Wagen vom Schrotthändler abholen lassen. Beim Gedanken an 2 Monate Rest-TÜV blutete mir das Herz, aber was solls - die 280,-DM Kaufpreis hatte sich der Wagen längst verdient.