Projekt 907
Marcus Malden: Vom R4 zum Benz

'Der Blaue'
Nachdem ich als Führerscheinneuling zunächst mal Beulen in das Auto meines Vaters fahren durfte wurde ihm das bald zu teuer und mir zu unpraktisch. Ein eigenes Auto mußte also her, und es sollte auch wenig kosten, damit ich es auch von meinem damaligen Taschengeld unterhalten konnte. Dies war in den Jahren kurz nach der Maueröffnung nicht mal einfach.
Der blaue(?) R4 GTS Bj.79
Kurz nach dem Kauf
Nach dem Studium der Wochenendzeitung fand ich dann ein günstiges Angebot. Einen Renault 4 für DM500,- mit anderthalb Jahren TÜV. Der Verkäufer war gerade ein Jahr älter als ich und hatte den R4 für kurze Zeit im Besitz. Er hatte aber anscheinend schon das Letztautogefühl gehabt und den ehemals knallgelben R4 mit blauer Farbe gerollt, was ihm, wie er sagte, viel Spaß gemacht hat.
Der Wagen hat bei seinen fünf bisherigen Besitzern nur einmal neue Kennzeichen bekommen und auch ich konnte mir die Schilderkosten sparen.
Nachdem die Erstbesitzerin den Wagen, der 114.000km gelaufen hatte, zehn Jahre besaß, wechselte er dann jährlich den Besitzer. Und, um es gleich vorweg zu sagen: Ich behielt den R4 etwas länger (..bis der TÜV uns scheidet...)
Ich wurde mich mit dem Verkäufer auf einen Preis von DM 300,- einig und nahm mein erstes Auto direkt mit. Ein R4 hat eine Pistolenschaltung und im Gegensatz zur Ente sogar in 'normaler' Anordnung. Nach einiger Gewöhnung fühlte ich mich sehr wohl in dem muffigen Auto. Wenn es regnete konnte ich das Wasser innen die Scheibe herunterlaufen sehen, und die Schiebescheiben waren hinten auch nicht zu verriegeln - der Klebstoff hat die Schließer nicht mehr gehalten. Kein Dieb interessierte sich aber für mein Auto, so doof sind die ja nicht...
Im rechten Frontkotflügel hatte der Vorbesitzer eine Antenne installiert. Die eignete sich auch hervorragend um den Abstand zu den Mofafahrern zu messen, denn sie taumelte während der Fahrt lustig hin und her. Die kleineren elektrischen Defekte (Moos in den Standleuchten) hat wohl jeder R4 des Baujahrs 1979, das erste Jahr mit dem starken 1100ccm Motor, der auch im Twingo noch, mit Einspritzer und Kat, verwendet wurde.
Der Motor war auch das Beste am Auto, und zum Glück hatte der Rost sich noch nicht bis zur Motorhalterung durchgefressen. Ich kaufte wenig später ein Radio, das teurer war als das Auto selbst und schloß es an. Es gab aber leider keine Möglichkeit, das Radio irgendwo einzubauen und so legte ich es einfach auf die Ablage, die das Handschuhfach ersetzte. Ohne Boxen tut sich nix, und so nahm ich eine zehn Jahre alte HiFi-Box (10W) die genau in den Fußraum im Font paßte. Der Sound war enorm, außer man startete den Motor (dann hörte man nur noch wenig..)
Zwei Wochen später nahm ich meinen Vater mal mit und er meckerte unentwegt über meine Verkabelung und was passiert, wenn mir das mal abfackelt. Als wir wieder zu Hause waren holte er dickere Kabel und verdrahtete mir das Radio neu (obwohl ich keine Probleme damit hatte). Am nächsten Tag wollte ich zu einem Freund fahren, und als ich gerade eine unbewohnte Landstraße durch einen dichten Wald befuhr, setzte das Radio aus und ein beißender Gestank drang durch die Lüftung. Als ich begriff, was da vor sich ging bremste ich, und weißer Qualm drang durch alle Öffnungen. Ich sprang aus dem Auto und holte eine Flasche Wasser aus dem Kofferraum. Ich machte die Motorhaube auf und schüttete das Wasser über die Elekrik. Das war aber wohl keine so gute Idee, aber immerhin legte sich der Qualm langsam. Während dieser Zeit fuhren bestimmt zwanzig Autos an mir vorbei und ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit mal dafür!
Das Radio war danach durchgebrannt. Vom Schrott besorgte ich mir dann ein altes Kassettenradio, das es (mit meiner Verkabelung) dann für das nächste Jahr tat. Später entdeckte ich, das sich das Regenwasser genau über dieser Ablage sammelte, um dann dort in den Fußraum zu plätschern. Also verkabelte ich wasserdicht.

Und irgendwann packt einen ja die Sehnsucht und meine Kumpels und ich wollten mal nach Hannover (das sind 200km von hier). Ich trat also vorsichtshalber dem ADAC bei, denn man weiß ja nie... ;) - Aber wider Erwarten meisterte der R4 die Strecke ohne Probleme.

Die Probleme hatte ich, als ich nachts vom Fast-Food Restaurant nach Hause fuhr. Plötzlich stand auf der Fahrbahn vor mir ein Reh. Da die Bremsen ihre Arbeit nur sehr zögernd erledigten, entschied ich mich dann doch lieber für's Ausweichen, aber leider etwas zu spät. Ich erwischte noch mit dem rechten Kotflügel den Hintern des Rehs. Das schubste das Reh zwar von der Fahrbahn, aber mich auch im Zick-Zack-Kurs von einem Begrenzungspfahl zum nächsten. Doch der R4 kippte nicht um! (Elch-Test bestanden, Beule erteilt.) Nun konnte jeder sehen, das das Auto ursprünglich mal gelb gewesen war, denn die blaue Farbe platzte am Kotflügel ab und das Reh hinterlies einen nett verformten Abdruck seines Hinterns.
Als ich das Auto wieder unter Kontrolle hatte, hielt ich erst mal an um zu verschnaufen. Vom Reh war weit und breit nichts zu sehen. Was mich bis heute noch daran so fasziniert ist das diese Begegnung dort stattfand, wo rechts und links nur Felder waren und ich dort nie mit einem Reh gerechnet hätte.
Die Straßenlage von R4 und Ente sind ja schon fast berüchtigt. Beide erreichen atemberaubende Schräglagen, an die man sich aber gewöhnt. Und entgegen der 'neidischen' Bemerkungen meiner damaligen Mitschüler (alles Yuppies) hat sich mein Auto nie auf die Seite gelegt, auch als ich mit Tempo 70 gezwungen war, dem Reh auszuweichen..

Was mir am meisten Spaß machte war die Tatsache das der Motor für das leichte Auto (Leergewicht 720kg) viel zu groß dimensioniert war. Beim ersten Gang hatte ich herbe Traktionsprobleme und auch im zweiten drehten die Vierzehnzölligen schon mal durch. Auch neue Reifen halfen da nicht viel. Insgesamt war das Auto auch recht flott. Der Tacho ging bei dem alten Modell bis 140, was meinem R4 aber längst nicht ausreichte. Ich erinnere mich an eine Fahrt mit einem Kumpel, als wir die A3 in Richtung Breidscheider Kreuz befuhren. Kurz vor dem AK ist ein langes Gefälle. Dort fuhr ich, mit 140 laut Tacho, hinter einem Kadett E her, der aber nicht so recht Platz machen wollte. Als der Fahrer dann aber ungläubig auf die mittlere Spur fuhr, (bei dem Anblick ja auch kein Wunder) trat ich das Gas voll durch und jagte die Tachonadel aus dem Anzeigebereich heraus. Als sie senkrecht nach unten zeigte, was ich auch in der Ebene schaffte, wunderte sich mein Kumpel noch. Als sie dann aber noch weiter drehte und auf die 20 kroch wurde es mir zu unheimlich. Nach meiner Schätzung dürften wir um die 170 gefahren sein, der E-Kadett (ein 1.6) hielt jedenfalls nicht mehr mit. Weil mein Kumpel aber dann Angst bekam (die Türen bogen sich so stark nach außen das man einen Stift zwischen den Türgummis hätte durchstecken können) sind wir dann wieder langsamer gefahren (außerdem ist selbst der längste Hügel mal zu Ende).

Aber der R4 hatte auch seine Schattenseiten. Zum Beispiel an der Tankstelle. Nach 250km war der Tank schon leer, ein Indiz für einen enormen Durst (ca.12l) den ich auch mit ruhiger Fahrweise nicht reduzieren konnte. Ein anderes Manko war die Leuchtanzeige des Amaturenbretts. Es gab eine rote Lampe (nur eine!) die leuchtete, wenn der Öldruck zu niedrig war, der Motor zu heiß oder sonstwas defekt war. Im Sommer und im Stau war der Motor immer zu heiß. Irgendwie war die Elekrik nicht in der Lage, den Ventilator zu- und abzuschalten obwohl der Temperatursensor in Ordnung war.

Und irgendwann kommt die grausame Zeit wo man Abschied nehmen muß, in diesem Fall war das der TÜV-Termin irgendwann im Spätsommer 1993. Ich rechnete mir schlechte Chanchen aus, meinen Blauen nochmal eine Hauptuntersuchung bestehen zu sehen und deshalb setzte ich ein Inserat in die Avis:
R4 GTL, Bj79 140.000km fahrbereit an Bastler zu verschenken
und ich bekam auch viele Anrufe (man sollte - glaub ich - nie 'zu verschenken' in die Annonce setzen!) von Leuten die mich ernsthaft nach Farbe und Ausstattung der Karre fragten. Aber einer sagte schon am Telefon zu, ohne groß nach dem Auto zu fragen und kam auch direkt mit einem A8 um den R4 abzuschleppen.
Dann war er weg. Ich habe ihn nie mehr gesehen...



'Der Rote'
Weil ich meine Autos eigendlich immer nach 'Wieviel TÜV noch?' kaufte erstand ich als nächstes einen roten R4. Ich hätte zwar gerne mal ein richtiges Auto gehabt, aber es ergab sich irgendwie so das ich den roten R4 kaufte. Diesmal bei einem Händler, der aber aus gutem Grund ungenannt bleiben soll.
Der rote R4 TL Bj. 83
Ich werde ein Würfel
An sich war das Auto ein ähnliches 'Schnäppchen' wie der Panda von KLE. Ich habe das Auto anfangs sogar poliert, hatte es doch eine leuchtende Farbe und ein modernes Interieur. Aber nach kurzer Zeit war ich darüber hinweg und sah die Dinge wieder realistischer.
Der kleine Motor in diesem Modell leistete zwar auch 34PS wie bei dem Vorgänger, aber die 800ccm Version ist doch sehr schlapp. Die Leistung lies schon anfangs zu wünschen übrig und lies auch immer weiter nach. Die (einzige) Vorbesitzerin hat den Motor regelrecht festgefahren. Wenn ich Geduld hatte (die meisten LKWs hinter mir hatten die meist nicht) konnte ich durchaus auf eine Spitzengeschwindigkeit von 80 km/h kommen. Das führte schließlich sogar dazu, das ich praktisch nie über die Autobahn fuhr, weil das Einfädeln schon so schwer war.

Also nahm ich ein altes '230.6' Schild von einem /8er und schnitt es in der Mitte durch. Seitdem nervten auch nicht mehr soviele Mantas und GTIs, obwohl schon der Opa in seinem Vectra hinter mir den Hermann machte. Heckklappe
0.6 hätte ich auch vermutet

Später bekam ich dann meine kreative Phase und erfand einen Sprühstil mit einer Dose Arcticweiß und einer Dose mattschwarz, die ich flüssig ineinander sprühte und so einen Marmoreffekt bekam. Da das schon auf den Blechdosen meiner Meinung nach hübsch aussah, besprühte ich alle Griffe und Stosstangen in dieser Weise.

Als auch dieses Ding mal zur Untersuchung mußte, ärgerte ich mich über die grantigen Prüfer. Es war mein erster Besuch beim TÜV und ich bekam direkt einen schlechten Eindruck. Gut - ich war kurz vor der Mittagspause da, aber da kann man doch eigendlich mit einem netten Prüfer rechnen? - Ich hatte mich jedenfalls verrechnet, mit einem Schraubenzieher Marke Extrabreit ging der Prüfer daran, eine Linie in den Innenkotflügel zu perforieren; das Blech dazwischen hielt aber noch blendend. Nach zehn Sekunden stand das Urteil fest (auf Bewährung frei bis zum Ende des Monats) und ich Schussel stand da, während der Prüfer zum Kaffeeautomaten rannte. Ich hätte mich beschweren wollen aber ich war einfach zu perplex. Ich kaufte dann noch Reperaturbleche nicht nur für den Kotflügel sondern auch für die Sicke der Heckklappe, was aber nichts half. Der nächste Prüfer machte wieder neue Löcher, aber diesmal ungewollt. Da sich nach einigen Anzeigen nicht mal ein Bastler meldete, lies ich diesen Meilenstein französischer Ingenieurkunst für nur DM 80,- zu einem Würfel pressen. Spätere Generationen mögen mir verzeihen das dieses fahrtüchtige Automobil zerstört wurde.



Mein (Alp-)Traumwagen
Sorry für das schlechte Foto, die Vorlage ist schon etwas verblichen.
Peugeot 304S Bj.75
Dieses Auto fuhr ich genau zwei Wochen
Der Peugeot war mein Traumwagen. Meine Mutter kaufte einen zwei Jahre zuvor und später dann dieses restaurierte Fahrzeug, fuhr aber fast nie damit.
Für mich war und ist dieser Wagen ein Traum, denn statt der 34PS auf 700kg hatte der Wagen 75PS und das nur auf 650kg Leergewicht.
Der Alumotor mit Doppelvergaser macht es möglich. Der Wagen ist eine absolute Rakete und leider fuhr ich ihn auch so. Bis ich eines Tages ins Schleudern geriet und den Wagen vor eine Leitplanke setzte. Die Kotflügel dieses Autos sind schon seit 1985 nicht mehr erhältlich - also Totalschaden.
Doch was habe ich vorher gemacht? - Ich begann meinen Zivildienst im Sommer 1994 und mit diesem Cabrio mit roten Kunstledersitzen (zu weich). Dieses Auto ist auch das einzige der Welt, bei dem der Keilriemen um die Ecke läuft. Eine notdürftige Reparatur ist somit unmöglich. Aber der Motor ist sehr sportlich, im dritten Gang kann man noch die Reifen durchdrehen lassen. Abgesehen von solchen Prolloallüren ist man auch mit Tempo 20 die Show schlechthin auf der Straße.
Zwei Wochen vor dem Unfall bekam ich den Wagen von meiner Mutter überschrieben. Ich freundete mich auch sehr schnell mit dem Roadster an, leider waren aber die Dämpfer total im Eimer, der Wagen schaukelte über die Straße wie ein amerikanischer Straßenkreuzer.
Im Zivildienst sollte ich mal ein Mädel abholen, die das freiwillige soziale Jahr ableistet. Die war von dem Auto überhaupt nicht begeistert (es war ihr zu alt und man saß schließlich auch zu tief). Ok, aber Airbags hatte ich eben nicht, nur nicht-automatische Gurte und die waren schon Sonderausführung! Als ich dann gemächlich Gas gab (Drehzahlmesser im grünen Bereich) war ihr das schon zu schnell. Tja, aber langsamer konnte ich halt nicht. Zum Glück nahmen wir dann noch einen Behinderten mit und so mußte sie sich auf die Ablage hinter den Sitzen drängen. Der Behinderte hatte wenigstens seinen Spaß ;-)

Vier Tage vor dem Unfall, ich fuhr nachts mit einem alten Bekannten durch die laue Sommerluft (offen natürlich - wie immer), als ich nicht erkannte das der Vectra hinter mir einen Dachaufbau hatte. Ich sauste mit 100 durch eine 50er-Zone und auch mal über eine durchgezogene Linie um auf der 'Ideallinie' die Kurve zu durchqueren. Als ich mich noch wunderte, das der Opel hinter mir genauso Gas gab sah ich, das ein 'Polizei - Bitte halten' auf dem Dach blinkte. Das war vielleicht ein blöder Moment. Nach der Kurve hielt ich und ein Polizist kam zu mir und fragte die üblichen Dinge und wies mich darauf hin, das ich um 50 zu schnell war und eine durchgezogene Linie überfahren hatte. Ich erklärte ihm darauf, das die Anzeigenbeleuchtung kaputt ist (man konnte nur die Drehzahl erahnen, die anderen Lämpchen waren durchgebrannt) und - wahrscheinlich weil er Sympathie empfand - fiel die Strafe milder aus, als ich mir ausrechnete. Nachdem er die Papiere überprüft hatte setzte er ein Bußgeld von DM 75,- fest obwohl er eigendlich hätte DM 120,- nehmen müssen, sagte er. Ich müsse aber die Beleuchtung schnellstens reparieren.

Am Tag des Unfalls, der 13.August 1994 war es, war ein Oldtimertreff auf dem Nürburgring. Ich hatte Freikarten wegen meines Autos bekommen, wenn ich es auf dem Peugeot-Gelände abstellen würde. Ich packte also einen Rennbegeisterten Kumpel ins Auto und wir fuhren, nein - rasten zum Nürburgring. Wir konnten tatsächlich direkt auf das Gelände fahren, wo noch andere 304S standen. Von dem Rennen will ich aber nichts erzählen, das gehört nicht hierher. Nach dem Rennen fuhren wir gemächlich nach Hause. An einem Kölner Autobahnkreuz geschah dann der Unfall, bei dem ich meine gesamte Fahrweise überdenken mußte. Mit Tempo 80 fuhr ich auf die zweispurige Verzögerungsspur und fing plötzlich an zu schleudern. Ich vermute heute, das die Dämpfer und das Regenwetter dies begünstigten. Das Auto konnte ich auch nicht abfangen und landete in einer Leitplanke, zweimal. Was genau geschah weiß ich nicht, aber die rechte Seite war total zermatscht. Drei nachfolgende PKWs hielten sofort an und erkundigten sich nach uns, was mich angesichts der Story mit dem R4 doch stutzig machte.
Mit dem defekten Auto fuhren wir dann nach Hause, hauptsächlich auf dem Seitenstreifen und nur mit Tempo 40. Der Kofferraum ging nicht mehr zu und die Motorhaube hielt nur noch auf der linken Seite. Ich habe - wirklich - zwei Tage lang um das Auto getrauert aber viel dadurch gelernt. Dies war auch der Tag an dem ich meine Fahranfänger-Raserei ablegte.
Einige Monate später verkaufte ich den Wagen für 1.800,- Der Käufer hat den Wagen wieder restauriert und ich habe den auch schon wieder fahren sehen.



Cherry Red

Um für den Zivildienst einen Privatwagen zu haben kaufte ich mir dann einen scheckhefthepflegten Benz aus erster Hand (von '79). Die 84jährige Verkäuferin hatte gerade 79.000km in den 16 Jahren geschafft und den Wagen immer in Spanien überwintert. Ein Schnäppchen für 4000,-. Sie trennte sich ungern von dem Wagen (wie ich auch später - heul!) aber war der Ansicht, das sie das Autofahren lieber drangibt, da sie so unsicher geworden ist. Hut ab vor soviel Weisheit, eine der wenigen die es rechtzeitig gemerkt haben und eine schwere Entscheidung trafen. Leider fahren vielzuviele sture, blinde Opas durch die Welt.

Als ich den Wagen nach Hause fuhr brachte es der 2,3l Motor nur auf maximal 120. Das kann natürlich nicht sein, dachte ich und wechselte die Kerzen, Verteiler und anderen Kram. Auch die Dämpfer erneuerte ich (sicherheitshalber). Dann brachte er schon 160, was auch in den Papieren steht und Kickdown (hatte Automatik und Wurzelholz sowie ein e-Schiebedach) ging auch wieder. Mercedes 230C: Hubraum statt Spoiler
ME-RZ 955: Hubraum statt Spoiler
Ein Zivi-Kollege hatte sich auch gerade dieses Modell gekauft, und so waren wir schon zwei die mit dem Benz-Coupe zu den Patienten fuhren.
Der Anlasser war schon defekt als ich den Wagen kaufte und ich nahm mir vor den zu reparieren wenn er abfällt. Er fiel nie aus, der Wagen sprang immer an, trotz des ausgeleierten Ritzels...
Der Kofferraum ist so groß, das ich einfach mal acht Kästen Bier und Wasser reinstellen konnte, oder einen 50cm-Fernseher. Einfach irre! Mit der Zeit lies der Kickdown aber immer weiter nach und ich machte es mir zur Gewohnheit, bei jedem der häufigen Tankstops (hey, der Tank faßt nur 75 Liter!) den Ölbehälter der Beschleunigungspunpe neu zu füllen. Die brauchte im Monat einen halben Liter Automatiköl. Während der Zivi-Zeit ging das ja gut, weil ich Kilometergeld bekam, aber irgendwann wurden mir die 16l/100km doch etwas viel und auch die Superverarbeitung (während zweieinhalb Jahren ist fast nichts kaputt gegangen) konnte mich nicht überreden. Zwar habe ich beim Ein- und Ausparken mit meinen Metallstosstangen so manches neumodische Plastikauto mal etwas lädiert, aber wer muß nicht lernen?
Das Schiebedach ging auch nicht mehr sicher zu, dafür aber immer auf. Das war etwas störend - und die Automatikantenne hat mal ihre Seele verloren.

Und was ist mit dem Stern? Klar, den Stern hat man mir auch geklaut. Ich stand schon vor den übelsten Rockschuppen (Zakk, Düsseldorf) ohne den Wagen abgeschlossen zu haben in der Besetzergegend. Dort habe ich nicht mal einen Kratzer abbekommen. Als ich aber in die spießigste Gegend fuhr und den Wagen vor der Sporthalle des Gymnasiums abstellte, haben mir irgendwelche Yuppies den Stern abgebrochen. Meine Meinung: Punks fahren Mercedes, Yuppies klauen Sterne...

Ich hatte aber durch dieses Auto nie Geld und mußte alles an das Auto verfüttern. Der Anstieg der Steuer hätte mich noch in den Ruin gebracht, also trennte ich mich von dem Auto. Das obige Foto entstand im Sommer '96, kurz vor dem Verkauf an einen Arbeitskollegen. Das Auto hat nicht einen Hauch Rost und fährt heute noch tagtäglich. Er erzählt, das er nur den Anlasser und den Vergaser erneuert hat und seitdem keine Probleme hatte. Das war eben noch Mercedes damals...


Text und Fotos: Marcus Malden
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